Am Donnerstag verabschiedete der Rat der Stadt Grevenbroich den Haushalt 2019. Lesen Sie dazu die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Horst Gerbrand.
Haushaltsrede am 13.12.2018
des SPD-Fraktionsvorsitzenden Horst-Heinrich Gerbrand
– Es gilt das gesprochene Wort –
Anrede,
seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Klaus Krützen befinden wir uns in GV endlich auf dem richtigen Weg.
Er hat die Themen angepackt, die wichtig für uns und unsere Stadt sind. Themen, mit denen man sich leider in der Vergangenheit nur halbherzig oder gar nicht auseinandergesetzt hat.
Ganz oben stehen dabei die Finanzen. Was nutzt es uns, wenn wir tolle wegweisende Ideen haben, sie aber aus monetären Gründen nicht verwirklichen können.
Von daher haben wir großen Respekt, dass der Bürgermeister mit seiner Mannschaft zahlreiche Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht hat. Er hat dabei und auch nicht vor unpopulären Maßnahmen kapituliert. Ich meine hierbei insbesondere das umfassende und weitreichende Personalreduzierungskonzept. Hiermit werden in den nächsten Jahren massiv Stellen abbauen. Und das in einer Zeit, in der immer neue Aufgaben durch Europa, den Bund oder das Land auf die Kommunen abgedrückt werden, die eigentlich nur mit einer höheren Personalausstattung zu bewältigen sind. Als Stichwort möchte ich nur die Feuerwehren oder die Kitas nennen!
Manch eine andere Kommune würde sich vermutlich auf den Standpunkt stellen, personell ist die Zitrone ausgequetscht und nun geht nichts mehr. Vielmehr werde mehr Personal benötigt, um die Aufgaben sachgerecht und für die Bürgerschaft zufriedenstellend erledigen zu können.
In dieser verfahrenen Situation hat der Bürgermeister mit seiner Mannschaft die beiden Aspekte Finanzsituation auf der einen Seite und adäquate Personalausstattung auf der anderen Seite sorgfältig und mit Augenmaß abgewogen und dem Rat das Personalreduzierungskonzept vorgelegt.
Er hat damit gezeigt, dass doch noch etwas geht, auch wenn es schmerzlich ist.
Allen, denen das noch nicht genug ist, sollte aber klar sein, mehr geht nicht, es sei denn, man riskiert die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Und über eines sollte man sich im Klaren sein. Man kann von der Verwaltung nicht immer wieder personelle Einschnitte fordern, sie aber gleichzeitig mit Anträgen überschwemmen, die regelmäßig genau das Gegenteil bewirken, nämlich weiteren und höheren Personalaufwand!
Ich kann daher im Namen meiner Fraktion an dieser Stelle nur sagen:
Vielen Dank für diesen mutigen Schritt! Ich hoffe, trotz aller nachvollziehbaren Einwände auch von Seiten der Personalvertretung, dass dieser wichtige Schritt verstanden und trotz einiger Bauchschmerzen von allen mitgegangen wird.
Anrede,
wie man sieht, stehen die Finanzen stehen ganz oben auf der Agenda unseres Bürgermeisters. Aber nicht als Selbstzweck, sondern um die politische Gestaltungsfreiheit für uns alle in unserer Stadt zu erhalten bzw. wieder zu erlangen.
Aber nicht nur die Finanzen stehen ganz oben auf seiner und unserer Agenda!
Weitere wichtige Themen sind insbesondere die Schulen und Kindergärten. Beabsichtigt sind enorme Investitionen zur Sanierung und Ausbau unserer Schulen, den Ausbau der Kita-Plätze und die Senkung der Kita-Gebühren. Aber auch für den Neubau der Feuerwehr und die Verbesserungen in den Bereichen Sauberkeit und Sicherheit unserer Stadt benötigen wir gewaltige Summen.
Nur die weitreichenden Konsolidierungsmaßnahmen inclusive des Personalreduzierungskonzeptes ermöglichen es uns, wieder Handlungsmöglichkeiten zu erhalten und diese Dauerbaustellen, die man in der Vergangenheit liegen gelassen hat, endlich anzugehen.
Unabhängig von diesen Fachthemen freut es uns, dass der Bürgermeister neue direkte Bürgerbeteiligungsverfahren initiiert hat. Ein Bürgermeister, der nicht nur verwaltet, sondern aktiv gestaltet und ganz nah bei den Menschen ist. Bei seinen zahlreichen Stadtteilgesprächen und Sprechstunden vor Ort hört er den Menschen zu und kann in vielen Fällen zügig helfen.
Anrede,
lassen Sie mich exemplarisch einige unserer Kernthemen ansprechen.
Dazu gehören beispielsweise unsere aktuellen Anträge zu den Themenfeldern bezahlbarer Wohnraum, Ausbau der Kitas und der Offenen Ganztagsgrundschule, Erweiterung der Grundschule in Kapellen und die Errichtung der 3. Gesamtschule
Zunächst zu den Kitas und der Ogata:
Unsere Forderung: Geringere Gebühren, mehr Plätze und bessere Qualität! Diesen Dreiklang müssen wir umsetzen.
Unsere Stadt ist beliebt, vor allem als Wohnort für junge Familien. Der stetige Zuzug, aber auch eine hohe Geburtenrate bringt einen steigenden Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen mit sich. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, hat die Stadt auf Antrag der SPD-Fraktion ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Die ersten Ergebnisse:
Es müssen 320 zusätzliche Plätze zur Kinderbetreuung bis zum Jahr 2022 geschaffen werden. Das bedeutet eine enorme Kraftanstrengung.
Durch unsere Initiative, der sich andere Fraktionen angeschlossen haben, wird in Wevelinghoven Am Böhnerfeld eine neue 5-gruppige Kita gebaut werden. Das Thema steht ja heute noch auf der TO, und zwar im nichtöffentlichen Teil. Darum lassen Sie mich an dieser Stelle nur anmerken, dass es hierbei von unserer Seite ganz sicherlich nicht um das „Ob“ der Kita geht, denn wir benötigen Sie dort ganz dringend und deshalb haben wir sie beantragt! Aber über das „Wie“ werden wir uns gleich noch zwingend austauschen müssen!
Das Jugendamt wurde zudem beauftragt, weitere Standorte für eine bedarfsgerechte Versorgung mit Kitaplätzen zu ermitteln bzw. an bestehenden Standorten die Erweiterung von Kitas zu prüfen.
Auch die Beiträge für die Kitas werden zugunsten der Eltern verändert. Ab dem nächsten Kindergartenjahr müssen erst ab einem Einkommen von 25.000 Euro Beiträge bezahlt werden. Zudem werden sie insgesamt leicht sinken. Eine umfassende Betrachtung der Beitragsstruktur sowie weitere Themen rund um die Kitas werden wir im Arbeitskreis Jugendhilfe beraten.
Gemeinsam mit Bürgermeister Klaus Krützen haben wir eine große Ungerechtigkeit beendet. Eltern zahlen nun ab dem Monat den günstigeren Ü3-Beitrag, in dem das Kind drei Jahre alt wird. Durch die alte Regelung, die leider jahrelang praktiziert wurde, mussten Eltern teilweise 9 Monate den höheren U3-Beitrag zahlen. Wir haben das für ungerecht empfunden. Umso mehr freuen wir uns, dass wir mit unserem Änderungsvorschlag politische Mehrheiten gefunden haben. Die neue Regelung bedeutet eine Entlastung von 100.000 Euro.
Anrede,
uns ist es zudem ein Anliegen, das Angebot an Ogata-Plätzen in den städtischen Grundschulen auszubauen. Denn im Schuljahr 2004/2005 startete Grevenbroich mit 233 Schülerinnen und Schüler in die Offenen Ganztagsgrundschulen und Betreuungsangeboten am Nachmittag. Heute sind es mit bereits 1017 Schülerinnen und Schüler in der Ganztagsbetreuung mehr als fünfmal soviel, Tendenz weiter steigend.
Wir gehen davon aus, dass sich diese Bedarfssteigerungen auch zukünftig fortsetzen werden. Das zeigen die ersten Ergebnisse der von uns angeregten Schulentwicklungsplanung. Danach ist davon auszugehen, dass es zwei zusätzliche Eingangsklassen in den Grundschulen geben wird und wir weitere Plätze in der Ogata benötigen.
Dies mag durch bundespolitische Initiativen noch verstärkt werden. Geplant ist, dass es ab dem Jahr 2025 einen Rechtsanspruch im Offenen Ganztag geben wird.
Anrede,
wir benötigen einen Plan der aufzeigt, an welchen Grundschulen zukünftig zusätzliche Räume zur Verfügung gestellt werden müssen. Dabei ist auch die Kämmerin gefordert einen Finanzplan für notwendige Investitionen aufzuzeigen. Wir halten nichts davon, den gestiegenen Bedarf an den Schulen mit Containern zu lösen.
Wir benötigen eine valide Konzeption. Schließlich steigen die Schülerzahlen stetig und langfristig. Wir müssen daher schon heute sorgfältig planen und bauen, um die Schulen auf die zukünftigen Aufgaben vorbereiten, damit ein guter und moderner Unterricht möglich ist.
Anrede,
Kurzfristig ist es aus unserer Sicht notwendig, dass der deutlich gestiegene Bedarf in Kapellen gedeckt wird. Durch das Neubaugebiet in Kapellen und die Ausweisung eines weiteren neuen Baugebietes erwarten wir, dass es dauerhaft mindestens fünf Eingangsklassen geben wird. Zudem besteht schon heute eine Warteliste im Bereich der Ogata.
In der Ogata in Kapellen haben wir schon heute mehr Schülerinnen und Schüler als im städtischen Durchschnitt. Aus diesen Gründen haben wir beantragt, dass Mittel in den nächsten Haushaltsjahren bereitgestellt werden, damit zusätzliche Räume an der Grundschule in Kapellen gebaut werden können. Wir freuen uns, dass der Bürgermeister unsere Idee aufgegriffen hat und die Mittel für die nächsten Haushaltsjahre bereitstellt.
Anrede,
damit die Stadt die gestiegenen Anforderungen im gesamten Stadtgebiet erfüllen kann, haben wir in Anlehnung an die Praxis in anderen Städten bereits beantragt, dass die Verwaltung eine Schulbaurichtlinie erarbeiten soll. Diese sichert die Gleichbehandlung der Grundschulstandorte im Hinblick auf sachliche und räumliche Ausstattungen. Gleichermaßen trägt sie der zu erwartenden Bedarfsentwicklung Rechnung. Diese wird sich über alle Grundschulstandorte nahezu gleich entwickeln. Die Erarbeitung der Schulbaurichtlinie soll mit einer Raumbedarfsaufstellung starten. Hierzu ist die Verwaltung aufgefordert, Gespräche mit Schulen, den Trägern der Ogata-Einrichtungen und der Elternschaft zu führen. Hierüber entsteht die Möglichkeit, die Grundschulen hin zu einem integrativen Ganztagsangebot zu entwickeln. Das ist zukunftsweisend!
Anrede,
Wir freuen uns, dass Grevenbroich Vorreiter in der Schullandschaft werden wird. Ab dem Schuljahr 2021 werden wir ein zweigliedriges Schulsystem – bestehend aus drei Gesamtschulen und zwei Gymnasien – haben. Die Realschule Wevelinghoven muss dafür in den nächsten Jahren ausgebaut werden. Grevenbroich hat dann eine Bildungslandschaft, die echte Chancengleichheit und die besten Bildungsmöglichkeiten für alle Schülerinnen und Schüler schafft.
Anrede,
Grevenbroich ist Zuzugskommune und wächst stetig. Das große Interesse an neuen Wohnraum für Grevenbroich konnten wir bei unserer Fraktion vor Ort in Hemmerden erleben. Mit über 80 Bürgerinnen und Bürgern diskutierten wir über mögliche Baulandflächen für Hemmerden.
In den kommenden 11 Jahren müssen insgesamt 1802 Wohneinheiten im gesamten Stadtgebiet geschaffen werden, so das Ergebnis der Wohnraumbedarfsanalyse. Der Bedarf insgesamt in Zahlen: Laut Analyse werden bis 2030: 631 öffentlich geförderte und 205 frei finanzierte Mietwohnungen benötigt, daneben 518 Eigentumswohnungen und 448 Einfamilienhäuser.
Der Bedarf steigt und auch die Mietpreise. Daher ist für uns ein großes Anliegen mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Daher müssen nun zeitnah geeignete Maßnahmen entwickelt werden. Wir machen uns daher für eine feste Quote von 30% öffentlich-geförderten Wohnraum in jedem neuem Baugebiet stark.
Außerdem fordern wir die Gründung einer kommunalen bzw. interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen. Diese soll besonders preisgünstigen Wohnraum schaffen und anbieten. Weiterhin wollen wir die SEG in die Lage versetzten, verstärkt Grundstücke zu kaufen und Bauland zu erwerben, zu erschließen und zu entwickeln. Dafür muss die SEG personell, sächlich und finanziell gestärkt werden.
Anrede,
Wir müssen in Grevenbroich für ältere Menschen, für Familien, für Wohngemeinschaften, für allein Lebende und für Alleinerziehende neue bezahlbare Wohnungen schaffen.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht die Entwicklung von Lösungen, die aufzeigen, wie wir unsere Stadt wieder nach vorne bringen, und ich bin mir sicher, wir haben das Potential.
Das Herauskommen aus dem Schuldensumpf ist zugleich auch eine Chance für unser Grevenbroich. Dafür benötigen wir ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept.
Ich meine, wer sich dem verschließt, handelt unverantwortlich für unsere Stadt.
Damit wir gestalten können und nicht gezwungen sind, nur noch den Mangel zu verwalten, benötigen wir diesen Haushalt für unsere Stadt.
Daher stimmen wir dem Haushalt zu.
Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die uns bei den Haushaltsberatungen tatkräftig unterstützt haben sowie bei der gesamten Kämmerei für die Haushaltsaufstellung!