Zukunft der EU – Europa weiter demokratisieren – Resolution: Debatte Mittwoch, 15.1.2020, ab 9 Uhr; Abstimmung ab 12.30 Uhr
Die Abgeordneten legen ein ambitioniertes Konzept für die von Kommissionspräsidentin von der Leyen vorgeschlagene Konferenz zur Zukunft Europas vor. Ob Jean-Claude Junckers Weißbuch oder Emmanuel Macrons Vorschläge – die bisherigen Initiativen und Bürgerkonsultationen zur EU-Reform hatten bisher keine nennenswerten Folgen. Obwohl zur Europawahl Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten aller Fraktionen angetreten waren, setzte der Rat im Nachhinein überraschend auf Ursula von der Leyen, die nicht angetreten war – ein offensichtliches Demokratiedefizit der EU. Die neue Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen hatte auch deshalb vor ihrem Amtsantritt eine Konferenz über die Zukunft der EU angekündigt.
EP-Position: Dem Parlament ist wichtig, dass die Konferenz über die Zukunft der EU eine offene und inklusive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sicherstellt. Im Mittelpunkt werden Maßnahmen stehen, die die EU demokratischer, gerechter und transparenter machen. Das Europaparlament soll als einzige direkt gewählte EU-Institution eine führende Rolle bei der Konferenz einnehmen.
SPD-Position: Die Europa-SPD sieht die Konferenz über die Zukunft der EU als Chance, dem europäischen Integrationsprozess neuen Elan zu geben, die Bürgerinnen und Bürger wieder für die EU zu begeistern und die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken. Nach Meinung der europäischen Sozialdemokratie sollten die Bürgerinnen und Bürger eine zentrale Rolle bei der Konferenz über die Zukunft der EU spielen. Wichtig ist, dass eine repräsentative Auswahl der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf Geschlecht, Alter, Nationalität und sozial-ökonomischer Hintergrund sichergestellt wird. Darüber hinaus setzt sich die Europa-SPD dafür ein, dass eine paritätische Geschlechterquote auf allen Ebenen der Konferenz eingehalten wird.
Ausblick: Die Resolution des Parlaments dient als Grundlage für die Verhandlungen mit den anderen EU-Institutionen, die ebenfalls im Januar beginnen sollen. Der Dialogprozess ist auf zwei Jahre angelegt. Die Ergebnisse der Konferenz sollen 2022 vorgestellt werden. Änderungen der EU-Verträge sind möglich.
Mehr Bewegung in der EU-Klimapolitik – The European Green Deal – Resolution; Abstimmung Mittwoch, 15.1.2020, ab 12.30 Uhr
Hintergrund: Frans Timmermans‘ European Green Deal ist ein Aufschlag für schärfere Klimaziele, Investitionen in klimafreundliche Technologie und Infrastruktur sowie die Stärkung der sozialen Dimension in der EU-Klimapolitik. Timmermans setzt damit wichtige Impulse für die sozialökologische Wende in Europa. Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden. Regionen, die besonders vom Strukturwandel auf dem Weg zur Klimaneutralität betroffen sind, sollen durch einen neuen Fonds dabei unterstützt werden. Das Parlament hatte mit seiner Resolution zur Weltklimakonferenz in Madrid unter Anführung der sozialdemokratischen Fraktion bereits gezeigt, dass es Timmermans‘ Pläne für eine ambitioniertere EU-Klimapolitik unterstützt und wird das mit dieser Resolution voraussichtlich unterstreichen.
SPD-Position: Die europäischen SozialdemokratInnen unterstützen den European Green Deal. Endlich kommt mehr Bewegung in die europäische Klimapolitik. Sie setzen sich vor allem für weitere Maßnahmen ein, um die ökologische Wende sozial zu gestalten. So fordern die SozialdemokratInnen einen härteren Kampf gegen Energiearmut und die Stärkung der sozialpartnerschaftlichen Mitbestimmung, um Anpassungen gewerkschaftlich zu begleiten. Zudem setzen sie auf Maßnahmen, damit Männer und Frauen gleichberechtigt an der Wirtschaft von Morgen teilnehmen können. Die Sozialdemokratie erwartet auch von Konservativen und Liberalen, dass sie den Green Deal und die damit verbundene ehrgeizigere Klima- und Umweltpolitik nachdrücklich unterstützen – sowie die Hilfe für sozial schwache Regionen oder Strukturen. Es geht in die richtige Richtung, dass die neue EU-Kommission das mittelfristige europäische Klimaziel für die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen bis 2030 zunächst auf 50 Prozent und dann möglichst auf 55 Prozent im Vergleich zu 1990 anheben will. Derzeit liegt das Ziel bei 40 Prozent. Die SozialdemokratInnen werden weiter Druck machen, damit das Klimaziel direkt auf 55 Prozent erhöht wird, so wie es die SPD auf dem Bundesparteitag im Dezember beschlossen hat.
Ausblick: Die größten Blockierer in der EU sind fast immer die Regierungen der Mitgliedstaaten. Es liegt an ihnen, ob der Green Deal mit ausreichend frischen Investitionsmitteln und einer ausreichend starken Regulierung ausgestattet wird, damit er genug Wirkung entfaltet, um das Pariser Abkommen zu erfüllen. Für einen fairen, sozialökologischen Wandel zu einer klimaneutralen EU muss auch der finanzielle deutsche Beitrag steigen – wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Den Rufen nach mehr Europa müssen nach der Europawahl Taten und die entsprechenden finanziellen Mittel folgen. Polen zögert noch immer, sich zur Klimaneutralität bis 2050 zu bekennen. Aber auch Deutschland zaudert in der europäischen Klimapolitik: CDU und CSU hindern die Bundesregierung noch daran, sich im Rat der Staats- und Regierungschefs und im Kreise der EU-Umweltminister klar für eine deutliche Steigerung des mittelfristigen Klimaziels der EU für 2030 zu positionieren. Die Mehrheit des Europäischen Parlaments wird sich mit dieser Resolution voraussichtlich als Tempomacher für die sozial-ökologische Wende in Europa gegenüber den Regierungen der EU positionieren.
Rechtsstaat verteidigen – Entwicklungen in Ungarn und Polen – Resolution; Debatte Mittwoch, 15.1., ab 15 Uhr; Abstimmung Donnerstag, 16.1.2020, 12 Uhr
Hintergrund: Die Besorgnis ist groß: Kurz vor Weihnachten hat die polnische PiS-Regierung eine weitere Justizreform im Sejm, der ersten Parlamentskammer, beschlossen. Bereits Mitte Januar kann sie endgültig angenommen werden. Sie schränkt die Überprüfbarkeit nationalen Rechts auf Vereinbarkeit mit EU-Recht ein und unterminiert weiter die richterliche Unabhängigkeit im Land. Kritisiert wird das Vorhaben vom Obersten Gericht Polens, der UN-Kommissarin für Menschenrechte, der Menschenrechtskommissarin des Europarats und vielen weiteren. Am Samstag, 11. Januar 2020, werden Tausende Demonstrantinnen und Demonstranten aus Polen und ganz Europa, darunter viele Richter und Anwälte, in Warschau für eine freie und unabhängige Justiz auf die Straße gehen.
SPD-Position: Das laufende Artikel 7-Verfahren gegen die polnische Regierung zeigt offenbar bisher keine Wirkung. Auch gegen die ungarische Regierung hat die EU-Kommission das Verfahren bereits aktiviert. Trotzdem unterläuft die ungarische Regierung weiter Rechtsstaat, Demokratie und den Schutz der Grundrechte. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen weitergehende Maßnahmen angehen, um den Schutz europäischer Werte sicherzustellen.
Ausblick: In der voraussichtlich fraktionsübergreifenden Resolution wird das Europäische Parlament den Rat auffordern, die Artikel 7-Verfahren verbindlicher voranzutreiben und das Parlament stärker einzubinden. Die EU-Kommission soll grundsätzlich beschleunigte Vertragsverletzungsverfahren vorantreiben und den EuGH anrufen, um die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten sicherzustellen.
Iran-USA-Konflikt – diplomatische Schritte zur Deeskalation – Kommissionsstatement und Debatte Dienstag, 14.1.2020, ab 15 Uhr
Hintergrund: Die Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani bedeutet eine weitere Verschärfung der Konfliktlage im Nahen Osten. Das Regime des Irans greift inzwischen US-Stützpunkte im Irak an, scheint aber bisher von einer weiteren militärischen Eskalation abzusehen. Bei der Beerdigung Soleimanis verursachte eine Massenhysterie zuletzt mehrere Dutzend Tote. Soleimani war Führer der Al-Kuds-Brigaden, der Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte und eine zentrale Figur innerhalb der iranischen Regierung. Er war der Drahtzieher vieler Terroranschläge in der Region. Die iranische Theokratie zielt nach wie vor darauf ab, den Staat Israel zu zerstören. Soleimani unterstützte die Hamas und Hisbollah mit Waffenlieferungen. Viele Spannungen im Nahen Osten waren sein Werk. Er ist eine der treibenden Kräfte der Expansionspolitik des Irans, die eine Landachse vom Libanon über Syrien und den Irak bis nach Teheran schaffen will.
SPD-Position: Diplomatische Schritte zur Deeskalation müssen die höchste Priorität genießen. Die Stärke der EU besteht darin, Konflikte nichtmilitärisch zu lösen. Alle weiteren militärischen Handlungen sind einzustellen. Hauptverantwortung für die Destabilisierung des Mittleren Osten trägt die Ajatollah-Diktatur. Das iranische Regime muss alle Terroranschläge in der Region durch Stellvertreter beispielsweise in Syrien, im Gazastreifen und im Libanon, beenden. Die iranische Regierung muss ihre Absicht, Israel zu zerstören, aufgeben und das Existenzrecht Israels anerkennen. Die brutale Unterdrückung der demokratischen Opposition, bei der im November noch viele Todesopfer zu beklagen waren, muss beendet werden. Am Atomabkommen mit dem Iran, das auch durch den UN-Sicherheitsrat legitimiert ist, ist festzuhalten. Es ist eine Möglichkeit, den Iran davon abzuhalten, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen. Internationale Konflikte müssen auf der Basis des Völkerrechts geregelt werden. Die europäische Sozialdemokratie setzt auf die Stärke des Rechts und nicht auf das Recht des Stärkeren. Mittelfristig braucht es eine neue Strategie für eine nachhaltige Friedensordnung in der Region. Den Versuch konservativer Kräfte, die EU-Außenpolitik zu militarisieren, lehnt die Europa SPD ab.
Ausblick: Die SPD im Europaparlament unterstützt die Idee aus der Runde der europäischen Außenministerinnen und -minister, in Anlehnung an den Helsinki-Prozess eine Sicherheitskonferenz des Mittleren Ostens zu etablieren, um die Region zu stabilisieren. Einen solchen Prozess sollte die EU-Kommission initiieren. Die Beteiligten müssen daran arbeiten, gemeinsame Interessen auszuloten und eine Strategie der pragmatischen Kooperation zu verfolgen. Ziel wäre ein Regime kooperativer Sicherheit. Grundbedingung wäre der Verzicht auf militärische Gewaltanwendungen, um eigene Interessen durchzusetzen. Auch wenn eine solche Perspektive derzeit schwer möglich erscheint, müssen Strukturen für eine Friedensordnung im Mittleren Osten geschaffen werden.
Ein Ladegerät für alle Mobiltelefone – Erklärung der EU-Kommission am Montag, 13.01.2020, ab 17 Uhr
Hintergrund: Im Jahr 2009 gab es 30 verschiedene Ladegeräte für Mobiltelefone auf dem europäischen Binnenmarkt. Damals einigten sich auf Betreiben der EU-Kommission führende Mobiltelefon-Hersteller in einer Absichtserklärung auf ein einheitliches Ladegerät. Heute haben die meisten Hersteller, mit Ausnahme von Apple, den Micro-USB-Standard und neuerdings den USB-C-Standard übernommen. Nachdem die erste Absichtserklärung 2014 ausgelaufen ist, ist in Anbetracht technologischer Entwicklungen eine Nachfolgeregelung nötig. Die EU-Kommission setzte bisher auf einen Ansatz zur Selbstverpflichtung, doch die vorgelegten Entwürfe der Industrie für ein Nachfolgeabkommen waren nicht befriedigend. Deshalb untersucht die Kommission, ob sie auf Grundlage der 2014 angenommenen Richtlinien für Funkanlagen mit einem sogenannten delegierten Rechtsakt verbindliche Regeln einführt (Radio Equipment Directive).
Parlamentsposition: Die Europaabgeordneten fordern bereits seit zehn Jahren verbindliche Regeln für ein einheitliches Ladegerät für Funkanlagen – darunter Mobiltelefone, Tablets, EBook Lesegeräte, Smart Kameras, und weitere kleine oder mittelgroße Elektrogeräte – und sind mit dem zaghaften Vorgehen der Kommission unzufrieden. Die aktuelle Fragmentierung des Markts schränkt Verbraucherinnen und Verbraucher ein, da sie mit dem Kauf eines neuen Geräts auch ein neues Ladegerät kaufen müssen. Beim Reisen führen sie verschiedene Ladegeräte mit sich. Durch ein einheitliches Ladegerät könnte der Elektromüll, der durch die Anhäufung von alten Ladegeräten entsteht und aktuell auf 51.000 Tonnen jährlich geschätzt wird, reduziert werden.
Ausblick: Die EU-Kommission gibt am 13. Januar 2020 eine Erklärung zum aktuellen Stand vor dem Plenum in Straßburg ab. Ende Januar wird das Europäische Parlament seine Position zum Thema in einer Resolution abstimmen. Eine Studie der EU-Kommission zur Folgenabschätzung wird derzeit finalisiert und in den kommenden Wochen erwartet.
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