Den Haushalt 2021 lesen und verstehen – oder: Wer verschweigt was vor wem?

André Thalmann, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion erklärt:

„Im Erft-Kurier, dem kostenlosen Anzeigenblatt und derzeitigem amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt Grevenbroich, erschien in der letzten Samstags-Ausgabe ein Artikel mit der Überschrift „Krützen verschweigt 14 Millionen vom Land“.

In diesem Artikel wird dem Bürgermeister sinngemäß vorgeworfen, bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2021 die je zur Hälfte von Bund und Land finanzierte Ausgleichszahlung für die Abfederung der Gewerbesteuermindereinnahmen in 2020 verschwiegen zu haben.

In der Anmerkung zu einem Bild der Grevenbroicher Stadträtin und Landtagsabgeordneten Heike Troles heißt es: „Heike Troles rechnet beim Haushalt genau nach“ Um es etwas überspitzt zu formulieren: Genau nachlesen und verstehen hätte eigentlich gereicht.

Die Gewerbesteuerausgleichszahlung für 2020 ist für den Haushalt – also die Einnahmen und Ausgaben ab 2021 – überhaupt nicht relevant. Dies ist auch sowohl dem Haushaltsentwurf als auch der Haushaltsrede der Kämmerin zu entnehmen:

Auf Seite 18 des Entwurfs zum Haushalt 2021 heißt es wörtlich:
„Das Gewerbesteuerausgleichsgesetz Nordrhein-Westfalen (GewStAusgleichsG NRW) sieht allerdings nur für das Jahr 2020 eine Ausgleichsleistung vor, sodass nach derzeitigem Stand für die Jahre ab 2021 kein externer Ausgleich zu erwarten ist.“

Wenn also dem Bürgermeister vorgeworfen wird, er habe für den Haushalt 2021 und das Sanierungskonzept bis 2024 die Ausgleichszahlung in 2020 nicht berücksichtigt und nicht erwähnt, dann wirft man ihm vor, dass er sich an die haushaltsrechtliche Logik hält.

Im übrigen wurde diese Zahlung im Haushaltsentwurf nicht verschwiegen, sondern dargestellt. In ihrer Haushaltsrede weist die Kämmerin darauf hin, dass die Ausgleichszahlung für den Jahresabschluss 2020 relevant ist. Für den Haushalt 2021 ist sie es jedoch ausdrücklich nicht. Diese Ausgleichszahlung löst – und dies ist sowohl im Haushaltsentwurf als auch der Rede der Kämmerin zu entnehmen, nicht die coronabedingten Probleme der Stadt für die Zukunft.

Ganz im Gegenteil! Die Kämmerin weist darauf hin, dass es notwendig wäre, für die zu erwartenden Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer auch in den folgenden Jahren, also auch für 2021 eine solche Ausgleichszahlung von Land und Bund zu bekommen. Dies wäre dann in der Tat haushaltsrelevant, wurde bisher aber von der schwarz-gelben Landesregierung nicht zugesagt!

Wir sind wir als Kommunalpolitiker aller Parteien angehalten, politisch Druck bei Landesregierung zum Wohle unserer Stadt auszuüben. Allein die Stadt Grevenbroich geht derzeit von zu finanzierenden Corona-bedingten Schäden in Höhe von 55,52 Millionen Euro (für den Haushalt 2021 sind dies 13,6 Millionen Euro) aus, die dann über einen Zeitraum von 50 Jahren abzufinanzieren sind. Letztendlich handelt es sich um einen Bilanzierungstrick, der den Kommunen erlaubt, diese Ausgaben über einen längeren Zeitraum ab zu schreiben, damit sie sich nicht überschulden! Die prognostizierten Schäden sind der Anlage 2 zum Vorbericht des Haushalts zu entnehmen. Hier reichen bloße Bilanzierungstricks jedoch nicht aus, sondern die Kommunen benötigen einen Ausgleich für diese Schäden!

Weiterhin ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die in dem Artikel erwähnte Schlüsselzuweisung des Landes für 2021 in Höhe von 11 Millionen Euro nach derzeitigem Stand vermutlich (zumindest teilweise) zurückgezahlt werden muss, was das Sanierungskonzept zumindest tangieren könnte. Die zuständige Ministerin hat sich hierzu noch nicht geäußert.

Bei allem Verständnis dafür, dass mit Schlagzeilen und Vereinfachungen Aufmerksamkeit erzeugt werden soll, so führen solche Artikel in die Irre und erzeugen beim Bürger, der sich nicht mit dem Haushalt intensiv beschäftigen möchte, zu Frustration.“